Aktuelle Gedanken über blau-weiß gestreifte Socken

| 12.12.2023 |

Eine Weihnachtsgeschichte.


02 Gedanken Magdalena 02 Gedanken Magdalena

Ich habe lange überlegt, worüber ich im Dezember, kurz vor den Feiertagen und vor dem Beginn des neuen Jahres 2024, schreiben möchte.

Die Themen – Loslassen, Innehalten, Revue passieren lassen, Rückschau halten, Budget erstellen, Disziplin, Familie, Wirtschaftliche Entwicklungen uvm. wanderten die letzten Wochen in meinem Kopf hin und her und kein einziges dieser gesammelten Themen begeisterte mich. Irgendwie kam es mir so vor, als ob ich darüber die letzten Male schon genug geschrieben habe.

Einen Rückblick zu geben – was gut und was nicht so gut war? Was man besser machen kann? Vorsätze für das neue Jahr? An den Erfolg glauben in der Zukunft? Fokussierung auf seine eigenen Visionen? Vorausschau? Ziele setzen?

Auch diese Themen liest man ja gegen Ende des Jahres zuhauf. Und wer mich besser kennt, weiß, dass ich selten über Dinge schreiben und nachdenken möchte, über die alle nachdenken, reden und die man sowieso überall anders auch nachlesen kann.

Den Einfall brachte mir dann eine der vielen Weihnachtsfeiern, zu denen ich eingeladen worden bin an einem Wochenende. Es wurde eine – wie soll es anders sein – Weihnachtsgeschichte vorgelesen, die mich zum Schmunzeln brachte und die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte, weil sie viele der oben genannten Themen so wundervoll auf den Punkt bringt.

Die Geschichte der Strickliesl

Ein Hobby kann manchmal auch Auswirkungen auf das ganze menschliche Umfeld haben. Eine Frau mit einem sehr ausgeprägten Steckenpferd war zum Beispiel die STRICKLIESL.

Diesen Spitznamen hatte man ihr schon in der Schule gegeben, denn schon damals, holte die Liesl ständig ihr Strickzeug hervor. Produzierte sie anfangs nur Topflappen und Schals, so verstand sie sich bald auch auf die Herstellung von Pullovern, Westen und Fäustlingen. Und jeder, wirklich jeder aus ihrem Bekanntenkreis hatte schon einmal etwas Selbstgestricktes geschenkt bekommen. Die Strickliesl versorgte ihren Mann, die Kinder und wiederum deren Kinder mit Wollwaren aller Art.

Vor etlichen Jahren war dann jedoch eine gewisse Spezialisierung eingetreten. Sie produzierte nur mehr Socken, die sie dann zu Weihnachten unter ihren Lieben verteilte. Liesls bunte, gestreifte, geringelte und grundsätzlich völlig untragbare Socken gehörten zum Fest wie die Spritzkerzerl und das Ganserl. Niemand traute sich zu sagen, dass bezüglich dieser Socken längst eine gewisse Sättigung eingetreten war. Alle schienen sich über neuerliche Sockengeschenke ehrlich zu freuen. Das war wiederum ein Ansporn für die Strickliesl, im nächsten Jahr noch mehr zu stricken.

Doch eines Tages im Advent starb die Strickliesl, ganz so wie sie es sich immer gewünscht hatte: Strickend in ihrem Fernsehsessel.

Als ihre Kinder später die Wohnung räumten, fanden sie nicht nur, das für Weihnachten bereits vorproduzierte Sockenkontingent, sondern auch noch mindestens 100 weitere Socken. Schon mit gemischten Gefühlen aber doch auch ein wenig erleichtert, wurden sie in den Alt-Kleider-Container gestopft. Es waren ja wirklich grauenhafte Exemplare dabei, wie zum Beispiel dieses Paar „blau-weiße Socken im Streifendesign“.

Einige Tage später fand die Familie das Testament und es lautete:

Ich weiß natürlich, dass ich euch mit meiner Strickerei ein wenig überfordert habe. Aber Handarbeiten war halt immer mein Leben. Und so will ich euch wenigstens einmal mit einem selbst gestrickten Socken eine wirkliche Freude bereiten.

Ich habe all meine Ersparnisse in diesen Socken hineingesteckt und ihr werdet ihn sicher finden, er ist nämlich, sehr auffällig blau-weiß gestreift.


Die Moral von der Geschichte? Nun ja, da wird jetzt jeder Leser die ein oder andere für sich selbst entdecken. Für mich gibt es einige Aussagen daraus, die einen schon nachdenklich stimmen können.

Wie oft schätzen wir Geschenke? Wie leichtfertig sind wir im Alltag mit dem Wegschmeißen von Dingen, Situationen, Menschen? Wie wenig schätzen wir die Persönlichkeit eines anderen Menschen tatsächlich so wie er ist? Mit all seinen Schwächen und Fehlern? Wie oft lassen wir uns dazu hinreißen über einen anderen Menschen zu urteilen? Nur weil uns seine Entscheidungen nicht gefallen? Wie oft stellen wir Entscheidungen infrage? Wie oft glauben wir, die einzige Wahrheit zu kennen und zu besitzen? Wie oft denken wir über diese Fragen nach? Wie oft sind wir selbstreflektiert genug um das zu ändern? Wie oft sagen wir aber auch nicht, dass wir etwas wollen oder gar nicht wollen? Wie oft lassen wir andere im Glauben, dass sie uns Gutes tun, obwohl wir es nicht mehr sehen/haben können/wollen? Wie oft sagen wir nichts aus Angst den anderen zu verletzen? Wie oft nehmen wir einfach Socken hin obwohl sie uns nicht mehr passen?
Und wie oft sind wir selbst der Verursacher unseres eigenen Glücks oder Unglücks?

Eine lange Liste an Fragen zur Selbstreflexion.
Ich stelle mir diese Fragen öfter und komme oft genug – vor allem in letzter Zeit – zur Erkenntnis, dass man nicht gefeit ist vor der Versuchung andere Menschen mit dem vermeintlich schwarzen Peter zu kennzeichnen, in Gedanken oder auch in Worten.

Ich habe vor nicht allzu langer Zeit gehört – „du willst immer deinen Willen durchsetzen“ – und ja, auch das stimmt. Das kann ich gar nicht bestreiten. Nur mein Wille ist nicht immer der richtige für alle anderen. Er ist vielleicht richtig für mich, aber er hat keine unumstößliche Wahrheit zu beinhalten für alle rund um mich herum. Weder im Beruflichen noch im Privaten. Niemand von uns ist unfehlbar. Niemand von uns ist ohne Schwächen und ohne für andere „falsche“ Meinungen/Ideen.

Die Erkenntnis tut uns oft weh und wir verdammen in Gedanken dann die andere Person. Obwohl diese meistens gar nichts dafür kann. Sondern wir es sind, auf die wir eigentlich wütend sein müssten.

Haben Sie sich selbst schon mal in diversen Situationen gefragt, wenn Sie wütend waren, was eigentlich ihr eigener Anteil an der Situation ist? Warum Sie selbst diese Situation gerade so wütend macht? Oder traurig? Oder verletzt? Haben Sie in diesen Situationen schon mal versucht, sich gedanklich auf die andere Seite zu stellen und die Situation aus der Brille der anderen Person zu betrachten?

Ein Blogartikel voller Fragen. Warum?

Weil Weihnachten ist und diese Jahreszeit in vielen von uns oft Gefühle und Gedanken aufkommen lässt, die jetzt weder besinnlich, liebevoll oder nett unseren Mitmenschen gegenüber sind. Sondern in vielen Fällen sind wir einfach nur überfordert, gestresst, gereizt, müde, genervt, traurig, angespannt und alles andere als nett. Familienfeste in Vorbereitung stressen uns noch mehr.

Der baldige Jahreswechsel macht uns als Unternehmer jetzt auch nicht unbedingt immer anschmiegsam, sondern wir alle wissen, dass ab 1. Jänner die Zähler wieder bei 0,00 anfangen und wir wissen nicht, was die Zukunft bringt oder auch nicht bringt. Wir wissen nicht, ob wir unsere Ziele – so wie wir sie uns jetzt ja wieder stecken sollen – auch wirklich erreichbar sind. Ob wir die Kraft und das notwendige Durchhaltevermögen wieder aufbringen um die Herausforderungen des nächsten Jahres zu meistern. Ob wir unseren Traum, unsere Wünsche, Visionen genug lieben und verinnerlicht haben um mit Tiefs umgehen zu können, um diese Durchtauchen zu können. Ob wir genug Kraft haben diese durchzustehen.

Das heurige Jahr – jetzt doch ein Rückblick – hatte für viele Branchen so unterschiedliche Ausgänge und Gesichter. Von Zielerreichungen zu tatsächlichen Schließungen aufgrund der allgemeinen Wirtschaftslage. Von gescheiterten Träumen und Visionen zu gerade eben so erreichten Zielen. Von lebensweisenden Entscheidungen. Dem Aufgeben. Dem Beenden. Bis hin zu Neu-/Umorientierungen.

Wenn man, so wie ich, jeden Tag in so vielen unterschiedlichen Branchen unterwegs ist, so viele Geschichten und auch die dazugehörenden Leben sieht und hört – sollte man meinen, dass ich einen genauen Überblick habe, was passieren wird. Aber dem ist nicht so. Manchmal bin ich auch am Ende meiner Ideen, Visionen usw. angelangt. Manchmal weiß ich auch nicht mehr weiter. Und wie wir aus dem heurigen Jahr wissen, manchmal gebe ich auch auf.

Jede Entscheidung, die wir im heurigen (und auch in allen unseren vorangegangenen) Jahren getroffen haben, macht etwas mit unserer Persönlichkeit. Verändert uns. Auch jede nicht getroffene Entscheidung macht das mit uns. Um berühmte Persönlichkeiten zu zitieren: Man kann sich nicht nicht-Entscheiden.

Jede Nicht-Entscheidung ist auch eine Entscheidung.

Und jede Entscheidung verändert uns. Lässt uns neue Wege einschlagen oder alte Wege fortsetzen. Nur kann man den alten Weg z.B. mit einem kaputten Reifen auch nicht lange fortsetzen. Irgendwann bleibt man liegen. Auch wenn es vielleicht noch ein paar Meter weitergeht. Irgendwann ist der Reifen so kaputt, dass das ganze Auto kaputt ist. Um mit dieser Analogie zu veranschaulichen, was mit uns Menschen passiert, wenn wir keine Entscheidung treffen.

Was mit Unternehmen passiert, wenn keine Entscheidungen getroffen werden oder auch generell mit Organisationen.

Entscheidungen sind nicht immer schön. Entscheidungen sind nicht immer für andere – und hier schließt sich der Kreis – nachvollziehbar. Aber wer nicht in der Situation des Entscheidenden ist, kann nicht beurteilen, welche tausenden Beweggründe hinter den getroffenen Entscheidungen stehen.

Also muss man sich manchmal von Altem trennen um Neues zu beginnen. Und jede Entscheidung fordert Mut.

Eventuell muss man auch alte blau-weiße selbst gestrickte Socken wegschmeißen um den Wert der Socken zu erkennen. Manchmal kommt man erst im Nachgang drauf, dass diese doch wertvoll waren. Aber auch diese Erkenntnis gehört zum Leben dazu. Dass man manchmal etwas verlieren muss um den Wert zu erkennen, aber meistens bekommt man diese dann dennoch nicht zurück. Und selten sind alte, weggeschmissene blau-weiße Socken – wenn man sie danach doch wieder sucht und findet – noch immer gefüllt. Sondern man darf seinen Weg dann weitergehen und wird mit dieser Erkenntnis vermutlich die nächste Gelegenheit nicht mehr so einfach in den Sand setzen, sondern auf eine ähnliche Situation dann anders reagieren. Weil man daraus gelernt hat.


Und jetzt zum Abschluss dennoch der jährliche Aufruf an Sie in Analogie zu der Geschichte (und nur sicherheitshalber – ersetzen Sie doch den Begriff „Socken“ mit „Chancen“ „Menschen“ „Gelegenheiten“ „Unternehmen“ „Situationen“ „Charaktereigenschaften“ oder was Ihnen sonst noch so einfällt 😉):

  • Welche Socken haben Sie heuer weggeworfen, die wertvoll waren, denen Sie noch nachtrauern?
  • Was haben Sie daraus gelernt?
  • Welche Socken wollen Sie noch wegwerfen? Besitzen diese wirklich keinen Wert mehr?
  • Wenn Sie sie nicht wegwerfen würden, was müssten Sie machen, damit Sie ihren vollen Wert im kommenden Jahr wirklich wertschätzen können?
  • Wie müssten Socken aussehen, damit Sie sich damit wohlfühlen könnten? Damit diese einen Wert für Sie haben?
  • Welche Gefühle lösen die Socken aus?
  • Und mit wieviel Paar selbstgestrickter Socken fühlen Sie sich wohl?
  • Wieviel Paar Socken würden Sie sich gleichzeitig anziehen wollen?
  • Welche Socken passen Ihnen nicht mehr? Welche können Sie nicht mehr sehen?
  • Liste beliebig verlängerbar – ich freue mich auf die Fortsetzung – vielleicht fallen Ihnen noch ein paar Fragen dazu ein 😊

Und die wichtigste Information zu guter Letzt: Die alljährlichen ToDos zum Jahresende für alle 😊

  • Wie steht es mit Ihren Zielen heuer?
  • Wo sind Sie?
  • Haben Sie Ihre Ziele 2023 erreicht? Haben Sie die Ziele aufgeschrieben? Können Sie welche abhaken? Was sind Ihre Ziele 2024? Haben Sie schon eine Planung gemacht? Wissen Sie schon, wo Sie hinwollen oder wo Sie nicht mehr hinwollen?
  • Wo sehen Sie Chancen nächstes Jahr?
  • Wo sehen Sie Risiken?
  • Woran sind Sie heuer gewachsen?
  • Woran sind Sie gescheitert?
  • Wer möchten Sie nächstes Jahr sein?
  • Wie wollen Sie sich als Person weiterentwickeln?
  • Wer/Was kann Ihnen dabei helfen?

Mit einer Liste von gefühlt 100en Fragen zum Leben darf ich mich für heuer von Ihnen verabschieden. Sie sehen, wir haben alle viel zum Nachdenken und zum Selbstreflektieren. Und ich freue mich darauf, wenn wir uns alle im neuen Jahr und nach den Feiertagen – oder gerne auch zwischen den Feiertagen und dem wirklichen Jahresanfang – in neuer Frische, mit neuen Ideen, neuen selbstgestrickten Socken, und neuem Schwung wiedersehen.

Im Grunde sind es immer die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben.

Wilhelm von Humboldt

Ich bedanke mich bei Ihnen allen, dass Sie uns die Treue halten und meinem Team das ein oder andere Mal ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Ich bedanke mich für unsere so gewinnbringende gemeinsame Zusammenarbeit und das Miteinander und wünsche Ihnen und Ihren Familien, Freunden, Mitarbeitern ein frohes entspanntes besinnliches Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr 2024.