Innergemeinschaftliches Verbringen - Veranlagungspflicht

| 25.10.2023 |


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Das innergemeinschaftliche Verbringen bedeutet einfach gesprochen, die Lieferung von Waren im EU Gemeinschaftsgebiet von einem Lagerort in Österreich an einen anderen Lagerort desselben Unternehmens.

Die Fragestellung, die sich dabei ergibt: wie ist die umsatzsteuerliche Behandlung dieser Lieferung zu bewerten, welche Problemstellungen können einen Unternehmer dabei treffen?

Im Folgenden wird anhand eines konkreten Beispiels aufgezeigt, welche Themenstellungen relevant werden können und wann es zu Registrierungspflichten im jeweiligen Mitgliedstaat kommt.

Sachverhalt:

Ein Einzelhändler aus Bayern bestellt Waren bei einem Großhändler in Wien. Es wird vereinbart, dass die Waren vom Wiener Großhändler nur bis Salzburg (zB postlagernd oder zu einem vom Abnehmer beauftragten grenznahen Paketdienst) versandt werden. Von dort werden die Waren einmal wöchentlich im Auftrag des bayrischen Einzelhändlers abgeholt.

Fragestellungen:

  1. Kann der Wiener Großhändler steuerfrei iSd Art. 7 UStG 1994 an den bayrischen Einzelhändler liefern, wenn dieser seine deutsche UID bekannt gibt und die Ware unverzüglich nach der Ankunft in Salzburg abgeholt wird?
  2. Wenn nein, erhält der bayrische Einzelhändler die vom Wiener Großhändler in Rechnung zu stellende österreichische Umsatzsteuer im Erstattungsverfahren beim Finanzamt Graz-Stadt oder im Veranlagungsverfahren zurück?
  3. Wie ist vorzugehen, wenn nur selten oder nur ein einziges Mal im Kalenderjahr ein derartiges Verbringen stattfindet (wann beginnt bzw. endet die Veranlagungspflicht)?

Zu 1.

Sowohl aus § 3 Abs. 8 UStG 1994 als auch aus Art. 7 UStG 1994 sowie aus Art. 32 und Art. 138 MwSt- RL 2006/112/EG ergibt sich, dass entweder der Lieferer oder der Abnehmer (oder ein Beauftragter) die Ware befördert oder versendet.

Demnach darf nur einer der beiden am Umsatzgeschäft Beteiligten - entweder der Lieferant oder der Abnehmer - für die mit diesem Umsatz konkret in Zusammenhang stehende Warenbewegung verantwortlich sein, andernfalls liegen zwei Warenbewegungen bzw. zwei Lieferungen vor.

Insbesondere kann aus dem Wortlaut dieser Bestimmungen nicht abgeleitet werden, dass auch dann eine innergemeinschaftliche Lieferung iSd Art. 7 UStG 1994 vorliegt, wenn der Lieferer die Ware bis zu einem bestimmten Punkt befördert und der Abnehmer sie anschließend versendet.

Demzufolge liefert der Wiener Großhändler gemäß § 3 Abs. 8 UStG 1994 mit der Übergabe der Ware an das Beförderungsunternehmen und verschafft seinem Kunden damit die Verfügungsmacht. Diese Warenbewegung endet aber in Österreich, sodass es sich hier nicht um eine innergemeinschaftliche Lieferung iSd Art. 7 Abs. 1 UStG 1994 nach Deutschland, sondern um eine Inlandslieferung handelt.

Der Weitertransport der Waren von Salzburg nach Bayern durch den bayrischen Unternehmer stellt ein innergemeinschaftliches Verbringen iSd Art. 7 Abs. 2 UStG 1994 dar.

Eine andere Beurteilung könnte sich nur dann ergeben, wenn die gesamte Warenbewegung ausschließlich in der Disposition des Wiener Großhändlers liegt: Befördert er zB selbst die Ware nach Salzburg, um sie von dort zu versenden, könnte von einer innergemeinschaftlichen Lieferung iSd Art. 7 Abs. 1 UStG 1994 ausgegangen werden.

Zu 2.

Da der bayrische Unternehmer mit den innergemeinschaftlichen Warenverbringungen iSd Art. 7 Abs. 2 UStG 1994 in Österreich steuerbare Umsätze iSd § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 tätigt, gelangt gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 der Verordnung, BGBl. Nr. 279/1995 idgF, mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer geschaffen wird, das Vorsteuererstattungsverfahren nicht zur Anwendung. Die Umsätze des bayrischen Unternehmers sind im Veranlagungsverfahren zu erfassen, in dem auch allfällige Vorsteuern geltend zu machen sind.

Zu 3.

Erstattungsfälle und Veranlagungsfälle sind zeitlich gesehen nacheinander, jedoch nicht nebeneinander möglich. Durch veranlagungspflichtige Umsätze wird daher aus einem bisherigen "Erstattungsfall" - bezogen auf den ganzen Veranlagungszeitraum - rückwirkend ein "Veranlagungsfall". Ist das normale Besteuerungsverfahren durchzuführen, sind Vorsteuern, die bereits im Erstattungsverfahren erstattet worden sind, nicht zu berücksichtigen.


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