Aktuelle Gedanken über Rückschläge und neue Wege
| 06.07.2023 |
Der folgende Blog-Artikel beschäftigt sich mit Rückschlägen, neuen Wegen und neuen Träumen.
Dieser Gedankenblog sollte in meiner ursprünglichen Idee vom erfolgreichen Beschreiten neuer Wege handeln. Ich hatte mir ausgemalt wie ich hier darüber schreiben würde, wie man Ziele erreicht, was es bedeutet an seinen Zielen dranzubleiben und welche Herausforderungen zu meistern sind. Ich hatte nicht vor, darüber zu schreiben und überhaupt darüber nachzudenken, dass auch Scheitern ein Erfolg sein kann oder dass auch das Scheitern zum Erreichen der eigenen Ziele gehört.
Das Leben geht oft seltsame Wege und bringt seltsame Blüten hervor.
Diese in Worte zu fassen und Inspirierendes zu schaffen, ist was Influencer, YouTuber, große Speaker, Life-Coaches, Money-Coaches uvm den ganzen Tag machen und womit diese Menschen auch ihren Lebensunterhalt bestreiten. Steuerberater schreiben oft über steuerliche Themen, Wirtschaftsmagazine handeln von Erfolgsstorys, von Must-Haves, Persönlichkeitsentwicklungsthemen, Vorbildern und ähnlichem. Man findet überall Do-it-yourself-Lifestyle Ideen und Anregungen, Hilfestellungen – die einen in seiner Persönlichkeitsentwicklung voranbringen und unterstützen sollen.
Viele Unternehmer, mit denen ich täglich spreche, haben den ein oder anderen Mentor oder das ein oder andere Handbuch von einem Vorbild, das zu ihrer persönlichen Bibel geworden ist und mit dem man sich durch schwierige Situationen hindurch hantelt - bis wieder die einfachen Tage des Lebens kommen und die schönen, an denen man merkt, warum man überhaupt damit begonnen hat und die einen für all die Mühen davor entschädigen.
Die meisten dieser Vorbilder hatten den ein oder anderen Rückschlag in ihrem Leben und erzählen wie sie diesen gemeistert haben. Wir nehmen Anteil daran, versuchen uns an diesen aufzurichten und die Lehren aus deren Rückschlägen zu ziehen und für uns zu nutzen.
Selten jedoch denken wir, dass wir selbst eigentlich auch die Kraft haben in unseren eigenen Rückschlägen und Nicht-Erfolgen auch Erfolge zu sehen oder gleich zu erkennen, warum ein Nicht-Erfolg ein Glücksfall war.
Eigentlich sollte hier jetzt eine Story kommen über mein erfolgreiches Finishen meines ersten Ironmans in Klagenfurt. Ein Lebensziel, das ich für mich vor 4 Jahren selbst definiert hatte, als ich mit Triathlon überhaupt erst angefangen hatte.
Stattdessen versuche ich seit einigen Tagen diesen Tag und das gesamte vergangene Jahr als Erfolg zu betrachten und herauszufinden, warum es ein Glücksfall war, dass ich ihn nicht gefinisht, sondern unterwegs aufgegeben habe.
Warum das gerade für mich so schwierig ist? Wo doch rund 99 % der Menschen diesen Bewerb zwar bewundern, aber niemals auf die Idee kommen würden, sich derartiges überhaupt als Ziel zu setzen. Es ist ein Ziel, das sich die wenigsten setzen würden. Es ist eine Aufgabe und eine Lebensentscheidung. Es ist die Entscheidung zur Reduktion der wenig vorhandenen Freizeit, das tägliche konsequente Training nach Plan, das Planen des Lebens über einen langen Zeitraum, die periodisch auftretenden Selbstzweifel, die Ängste vor dem Tag, die Eigenmotivation, das Überschreiten der eigenen Grenzen, das Verschieben der eigenen Grenzen, das Erkennen was man selbst – Körper, Geist und Herz – zu leisten bereit sind und auch schaffen können.
Die Geschichte dahinter:
Ich war in meiner Vergangenheit definitiv nie der sportlichste Mensch, weder in der Schule noch während dem Studium noch später. Irgendwann mit Anfang 30 änderte sich das jedoch. Der Sport fing an Spaß zu machen, erfüllte mich und wurde von Jahr zu Jahr mehr zu einem ständigen Bestandteil meines Lebens. Heute kann ich mir ein Leben ohne täglichem Sport eigentlich nicht mehr vorstellen. Jede Faser meines Körpers sehnt sich danach und ist gefrustet, wenn die tägliche Dosis nicht in irgendeiner Form vorhanden ist. Also auch das kann eine Form der Sucht sein – wenn man ehrlich ist zu sich selbst.
Außerdem kann ich mit gutem Gewissen behaupten, dass es in meinem Leben bisher noch kaum (zumindest erinnere ich mich nicht daran) jemals einen Zeitpunkt gegeben hat an dem ich aufgegeben habe. Egal wie aussichtslos die Situation war, egal wie verzweifelt ich war, egal wie die äußeren Einflüsse waren – ich bin immer weitergegangen und habe einen Schritt vor den anderen gesetzt. In vielen Fällen in den letzten Jahren waren besagte Coaches ein ständiger Begleiter, die so manches Durchhalten erleichtert haben.
Ich für meinen Teil sagte mir immer, wenn man etwas nur wirklich will, dann wird man es auch erreichen. Man wird alles dafür tun, um es zu erreichen und wenn es doch nicht so sein sollte, steht man auf und probiert es so lange bis man es erreicht hat.
Nun ja, jetzt ist also das erste Mal in meinem Leben, dass ich etwas aufgegeben habe. Die erste Frage eines Coaches dazu war:
„Was ist das Beste daran, dass du aufgegeben hast und dass dir das passiert ist?“
Meine erste Antwort: „Ich denke, die Erfahrung – dass ich das überhaupt das erste Mal in meinem Leben gemacht habe inklusive aller Erkenntnisse, die aus diesem jetzt folgen werden.“ Die anderen Antworten auf diese Frage sind bruchstückhaft vorhanden und noch nicht fertig in meinem Kopf formuliert. Die Frage ist allerdings eine, die ich sensationell finde. Was war das Beste daran? Was ist das Beste am Scheitern? Was ist das Beste daran, dass dir etwas Schlechtes passiert ist?
Ein Buch, das auch quasi zu meiner „Bibel“ geworden ist – ist von Bodo Schäfer „Die Gesetze der Gewinner“. In diesem Buch ist ein Kapitel dem Scheitern und dem Problem gewidmet. Es handelt davon, dass Gewinner sich Probleme wünschen um an ihnen zu lernen und zu wachsen. Konstantes Lernen und Wachsen. Und so ist es in diesem Fall auch.
Das Erreichen des Ziels wäre für mich mit Sicherheit innerlich der ultimative Höhenflug gewesen – ich weiß nicht, ob ich dann jemals noch am Boden der Tatsachen angekommen wäre oder am Boden geblieben wäre vor lauter Glücksgefühle.
So bin ich direkt, hart und ziemlich unsanft am Boden der Tatsachen gelandet und habe festgestellt, dass Ziele nicht immer direkt erreicht werden können und manchmal auch die beste Vorbereitung nicht hilft.
Wenn etwas noch nicht so weit ist, so weit sein soll, dann hilft die beste Vorbereitung, der beste Wille, das beste Dranbleiben einfach nichts. Dann soll es eben nicht sein.
Dies zu erkennen – sich das einzugestehen – und dann die „Stärke“ zu haben, aufzugeben und auch wenn die Aufgabe eine Überwindung ist und weh tut, danach weiterzugehen, daran zu lernen und mit sich selbst in Einklang zu bringen – das ist vermutlich das allerbeste an dieser Erfahrung.
Den Mut zu haben – nein zu sagen inklusive aller Konsequenzen. Zu sich selbst zu stehen. Sich selbst zu spüren. Sich selbst zu erkennen und auch Zeichen auf dem Weg zu sich selbst richtig zu deuten.
Wir haben in den letzten Jahrzehnten immer wieder gehört, dass wir in Österreich oder in Europa diese Kultur des „Scheiterns“, wie es sie in USA gibt, nicht kennen und diese nicht wertschätzen. Wir empfinden Scheitern als negativ. Daher ist es auch ganz tief verwurzelt in uns, dass wir das nicht tun sollten. Daher tut uns dieses Scheitern auch weh und verletzt unser Ego.
Ehrlicherweise bin ich froh, dass mir dieses Scheitern beim Sport geschehen ist und nicht in meinem beruflichen Leben. Dass ich dieses Aufgeben in einer Freizeitaktivität erleben darf und nicht in meinem Beruf. Doch auch hier gilt dasselbe – der Zeitpunkt „nein“ zu sagen, aufzuhören – wenn es nicht mehr geht, die Größe zu haben und auch mal aufzuhören und einen Schritt zurück zu gehen. Genau hier im Beruf, im wirtschaftlichen Überleben – genau hier stehen wir.
Auch wenn es in Österreich noch keiner so formuliert oder formulieren will – wir befinden uns wirtschaftlich nicht unbedingt in den rosigsten aller Zeiten. Auch nicht in einer Zeit mit den rosigsten Aussichten. Egal welche Prognosen man so betrachtet.
Wir wissen nicht wo die Reise hingeht. Die große Frage, die ich erst heute mit vielen verschiedenen Menschen diskutieren durfte - was wird passieren? – hat keine Antwort parat. Und in einigen Branchen und Bereichen schwirrt die Frage nach dem „Aufhören“ wie ein großes Reklameschild über den Köpfen. Wie oft ich in den vergangenen Monaten gefragt wurde: „Soll ich aufhören?“ Ich kann es kaum mehr zählen. Ich habe keine Antwort darauf. Nach meinen Erfahrungen vor zwei Wochen – man sollte aufhören, wenn man die Zeichen nicht mehr übersehen kann – bevor man sich gar nicht mehr bewegen kann. Wenn es keinen Hoffnungsschimmer mehr gibt, dass man das Etappenziel überhaupt erreichen kann und dorthin kommt ohne umzufallen, dann ist es vermutlich an der Zeit. Oder man erarbeitet Alternativen. Dem Ziel ein Zwischenziel geben – wie beim berühmten DKT-Spiel, mit der Karte „Zurück zum Start“.
Stoppe was du gerade spielst. Halte inne. Und male dir die Zukunft neu. Vielleicht sieht diese einfach nur ganz anders aus, als man es sich vorher überlegt hatte. Vielleicht braucht das Ziel einen anderen Weg, einen längeren Weg oder einfach auch nur eine Atempause. Vielleicht muss man eine Runde aussetzen um Zeit zum Denken und zur Kreativität zu bekommen. Vielleicht muss manchmal etwas Schlimmes passieren, um das Beste zu erkennen, was das Schlimme an sich hat? Vielleicht sind Rückschläge einfach auch nur Warnhinweise um Umzudenken.
Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, heißt es. Vielleicht ist das gerade der richtige Moment jetzt darüber nachzudenken, was der Anfang ist und was begonnen werden muss oder nochmal begonnen werden muss, nur anders.
Viel zu oft bewegen wir uns auf herkömmlichen Pfaden, viel zu wenig oft beschreiten wir Neue. Pfade für andere passen selten zu uns, die Schuhe von anderen sind uns oft zu groß oder zu klein, die Schritte der anderen sind selten passend für uns selbst.
Man sollte viel öfter das Leben neu „würfeln“ und sehen was der Würfel an Möglichkeiten für einen selbst bereithält - von denen man nicht zu träumen gewagt hat. Sich selbst zu überwinden um in seinem Leben einen weiteren Schritt vorwärts zu gehen, ist mit Sicherheit der schwierigste Teil des Lebens.
Neue Wege zu gehen – neue Träume zu träumen – alte Ziele nochmals anzugehen aber anders – das macht unsere Mentoren aus. Das macht die Menschen aus, zu denen wir aufschauen. Die uns inspirieren. Die uns Mut geben zu wagen, was wir träumen.
Ich wünsche Ihnen auf diesem Weg, dass Sie den Mut finden, „nein“ zu sagen, wenn die Anforderungen an Sie selbst zu hoch werden, wenn der Weg nicht der Ihre ist, wenn der Körper, der Geist, die Seele so müde sind – dass der Weg in der jetzigen Form nicht weitergegangen werden kann.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie dann die Kraft finden „aufzugeben“, um danach das Leben so zu leben, wie Sie es sich in Ihren neuen Träumen in neuen Farben und Formen vorstellen.
Ich wünsche Ihnen die Kraft „Aufzugeben“ um Ihre Träume in neuem Licht leben zu können.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen tollen Sommer – mit vielen neuen Ideen, neuen Farben, neuen Träumen, neuen Kräften und Eingebungen für die definitiv herausfordernden Zeiten, die vor uns allen liegen und die wir gemeinsam bewältigen können, auch wenn wir uns dazwischen neu erfinden dürfen.